Jede Wahrnehmung ist nur Teil des Ganzen, beobachtet von meinem inneren Entscheider, der mir mehr oder weniger bewußt ist, bisweilen auch gar nicht.
Kann ich mich selber als einen Wahrnehmenden beobachten, so sehe ich das Fließen meiner Wahrnehmung. Dies ist ein freier bewußter Vorgang.
Sage ich zu mir, ich sei diese Wahrnehmung, so identifiziere ich mich mit dem Wahrgenommenen und reduziere mich vollumfänglich auf den Inhalt des Wahrgenommenen. Das bin ich, so ist es und das ist wahr.
Es gibt keine andere Möglichkeit.
Fühle ich eine Überforderung und beobachte mich dabei, so kann ich feststellen, wie stark sie ist, wie sehr ihr recht gebe, daß die Situation überfordernd sei.
Folge ich dem Gefühl der Überforderung ganz und gar, bin ich zurecht überfordert. Ich diene der Überforderung, sie ist meine Herrin. Lasse ich mich vollständig dominieren, so bin ich ihr Sklave. Ein Herrschaftsverhältnis ist entstanden, das immer wieder bestätigt werden möchte und einen Treue- und Lehnseid fordert. Auflehnung gegen diese meine Unterordnung entsteht. Der Diener zettelt Revolutionen an, der Sklave unternimmt Fluchtversuche.
Natürlich möchte ich dieser belastenden Situation entkommen, sie engt mich stark ein und bedrückt mich erheblich. Alle Lebensfreude verschwindet und das Lebensgefühl wird fahl.
Eine Möglichkeit ist, alle Umstände zu vermeiden, die ein Gefühl der Überforderung auslösen. Hier muß ich konsequent sein. Jedes faule Stück schneide ich radikal aus und entferne es aus meinem Leben. Ich töte den Boten in der Annahme, damit die Botschaft zu eliminieren.
Es gibt jedoch andere Möglichkeiten.
Jede Wahrnehmung dient und folgt einem Zweck.
Sich überfordert fühlen, hat ausschließlich den Zweck, Überforderung wahrzunehmen
und nicht, sich ihr unterzuordnen.
Ich kann das Gefühl der Überforderung zulassen, lebe es aus, auch wenn es sich äußerst unangenehm und sehr belastend, kaum auszuhalten anfühlt. Ich fühle mich überfordert bis die Intensität des Gefühls irgendwann nachläßt und es sich auflöst. Das geschieht zuverlässig mit jedem Gefühl, das vollständig erfühlt wird.
Es kann nicht anders sein.
Eine vollständiges Durchfühlen läßt eine große innere Ruhe entstehen – sozusagen der Beweis. Stellt sich diese innere Ruhe nicht ein, so ist das Gefühl der Überforderung nicht vollständig durchfühlt und es wird sich wieder melden.
Auch dies kann nicht anders sein.
Oder ich kann mich dabei beobachten, wie ich mich überfordert fühle. Dann habe ich etwas inneren Abstand. Aus diesem Abstand heraus kann ich Kontakt aufnehmen mit meinem Gefühl, könnte es als mir eigenes selbständiges Wesen betrachten und herausfinden, was nötig ist, um den Stillstand, das Gefangensein zu beenden und eine Entwicklung in Richtung Auflösung, Heilung zu ermöglichen.
Jetzt kann ich mich der realen Überforderung des Außen stellen und ich werde erleichtert feststellen, daß ich es gut kann.